Newsletter November 2025
Nachhaltig. Seriell. Schnell.
Der Bauturbo ist da – jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Mit den „10 Herbst-Positionen“ zeigt die KOALITION für HOLZBAU, wie modernes Bauen mit Holz Tempo aufnehmen kann: praktisch, kommunal und mit klarem politischen Kompass.

Ausgabe vom
11. Nov. 2025
Der Herbst bringt Bewegung, und das politisch wie auch fachlich. Mit dem Bau-Turbo hat die Bundesregierung einen wichtigen Impuls gesetzt, um das Planen und Bauen zu beschleunigen. Für den Holzbau sind das gute Nachrichten: Nachverdichtung, Aufstockung, serielle Verfahren, vieles davon ist endlich nicht mehr Theorie, sondern im Gesetz angelegt. Doch entscheidend bleibt die Umsetzung. Nur wenn Länder und Kommunen diese neuen Spielräume aktiv nutzen, kann aus dem Turbo mehr werden als ein Symbol. Der Bund zieht jedenfalls mit einer umfangreichen guten Kommunikation voran.
Die KOALITION für HOLZBAU legt mit ihren „10 Herbst-Positionen“ deshalb konkrete Vorschläge vor, wie sich nachhaltiges, serielles und modulares Bauen jetzt wirklich entfalten kann: mit klaren Genehmigungswegen, verlässlicher Förderung und kommunaler Praxisnähe.
Wie das in der Realität aussieht, zeigen Holger Fieseler (Otto Wulff) und Lorenz Nagel (PRIMUS developments) im Gespräch mit Dr. Josef Girshovich. Ihr Fazit: Der politische Rahmen ist da – jetzt braucht es die, die ihn nutzen.
Außerdem stellen wir im Gespräch Thomas Willemeit vor, Founding Partner und CEO von GRAFT Architects.
Wir wünschen eine anregende Lektüre und einen klaren Blick auf das, was jetzt möglich ist.
Herzliche Grüße
Sun Jensch
Geschäftsführerin KOALITION für HOLZBAU
Länder in der Pflicht: Vom Bau-Turbo zum echten neuen Bauen

Der politische Wille, den Wohnungsbau zu beschleunigen, ist unübersehbar. Mit dem sogenannten Bau-Turbo hat die Bundesregierung erstmals konkrete Schritte unternommen, um Genehmigungen zu vereinfachen und Handlungsspielräume zu erweitern. Für den Holzbau und andere serielle, modulare Bauweisen ist das ein wichtiges Signal. Nachverdichtung, Aufstockung und standardisierte Systeme können den Neubau tatsächlich beschleunigen – wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen endlich dazu passen.
Denn so wichtig dieser Auftakt ist: Tempo entsteht erst, wenn die Länder ihre Bauordnungen modernisieren und die Verwaltungen die neuen Möglichkeiten auch anwenden. Genau hier setzt das aktuelle Positionspapier der KOALITION für HOLZBAU an. Es zeigt, welche Reformen nötig sind, damit das neue Bauen Realität wird – schneller, CO₂-reduzierter und kosteneffizienter.
Im Zentrum steht die Musterbauordnung. Sie sollte nachhaltige Bauweisen ausdrücklich ermöglichen, anstatt sie über technische Verweisstrukturen und Abweichungslogik zu bremsen. Wer nachwachsende Rohstoffe einsetzen oder serielle Bauverfahren nutzen will, braucht verlässliche Regeln, keine Sondergenehmigungen im Einzelfall. Modellvorhaben und Experimentierklauseln wären ein sinnvoller nächster Schritt, um neue Technologien rechtssicher zu erproben und flächentauglich zu machen.
Auch die Zulassungsverfahren gehören auf den Prüfstand. Derzeit wird jedes vorgefertigte Holzmodul wie ein Einzelstück behandelt – ein absurdes Hemmnis für industrielle Fertigung. Serielle Bauteile, die einmal geprüft und zugelassen sind, sollten mehrfach verwendet werden können. Damit würde aus Standardisierung endlich Beschleunigung.
Beim Brandschutz gilt Ähnliches: Entscheidend ist nicht das Material, sondern das Schutzziel. Die Musterholzbaurichtlinie muss stärker auf Praxiserfahrungen und Forschungsergebnisse reagieren, statt auf theoretische Restriktionen zu setzen. Sicherheit entsteht durch Kompetenz und Systematik, nicht durch Misstrauen gegenüber bestimmten Baustoffen.
Auch wirtschaftlich braucht der Holzbau klare politische Unterstützung. Er ist längst kein Experiment mehr, sondern ein ausgereiftes, belastbares System. Mit steigender Nachfrage sinken die Kosten – vorausgesetzt, Förderung und Regulatorik ziehen mit. Programme wie das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) sollten die tatsächliche Wiederverwendbarkeit von Holzelementen berücksichtigen, statt pauschal deren Verbrennung zu unterstellen. Und die soziale Wohnraumförderung sollte an Modelle wie in Schleswig-Holstein anknüpfen, die bewusst auf Mindeststandards setzen, um Kosten zu senken.
Gleichzeitig muss das Vergaberecht in der Praxis ankommen. Die starre Losvergabe verhindert gebündelte Beschaffung und Effizienz – ein Widerspruch zum politischen Ziel, schneller und günstiger zu bauen. Serielle und modulare Verfahren brauchen Spielräume, nicht zusätzliche Hürden.
All das wird nur wirken, wenn die Verwaltung moderner arbeitet. Digitale Baugenehmigungen, KI-gestützte Verfahren und Wissenstransfer zwischen den Ländern können Genehmigungszeiten deutlich verkürzen. Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass das geht – nun braucht es den politischen Willen, solche Ansätze bundesweit umzusetzen.
Und schließlich: Ohne Qualifizierung kein Fortschritt. Nur rund zehn Prozent der Architekten verfügen über Referenzen im modernen Holzbau. Viele Bauämter sind personell überlastet und mit der neuen Bauweise kaum vertraut. Eine gezielte Bildungsoffensive für Planer, Bauaufsichten und kommunale Entscheider ist daher kein Nebenthema, sondern Voraussetzung für Beschleunigung.
Der Bau-Turbo war der Anfang. Jetzt liegt der Schlüssel bei den Ländern. Sie müssen die Spielräume nutzen, Bürokratie abbauen und Innovation zulassen – damit das neue Bauen nicht länger Zukunftsversprechen bleibt, sondern politische Realität.
Die zehn Herbst-Positionen der Koalition für Holzbau:
Der Turbo allein reicht nicht. Ohne klare Umsetzung bleibt es Theorie.

Holger Fieseler und Lorenz Nagel
Ein Gespräch mit Holger Fieseler, Geschäftsführer Otto Wulff Projektentwicklung, und Lorenz Nagel, Geschäftsführer PRIMUS developments
Dr. Josef Girshovich: Es heißt, der Bauturbo ist ein gutes Skelett. Programme wie der Hamburg Standard liefern die Muskeln. Bleiben wir bei dem Bild: Trägt denn dieser Körper in der Praxis?
Holger Fieseler: Die Richtung stimmt definitiv. Die Bundesregierung hat mit dem Bauturbo bestätigt, dass sie Gesetze auch zügig beschließen kann. Das war so nicht immer selbstverständlich. Schauen wir auf die Inhalte, also die Wirkung, die der Bauturbo entfalten kann, dann wird klar, dass er als Gerüst funktioniert. Für mich steht aber fest: Entscheidend wird jetzt die Umsetzung sein, und die findet in den Ländern und den Kommunen statt. In den Ländern stoßen wir auf Akzeptanz und Unterstützung. Allerdings beobachten wir bereits jetzt unterschiedliche Wege. Berlin arbeitet mit einem Leitfaden für den Wohnungsbau. Andere Länder bereiten eigene Handreichungen vor. Für Entwickler und Planer, die bundesweit arbeiten, wächst damit die Komplexität.
Lorenz Nagel: Das Bild passt sehr gut, finde ich. Beide Initiativen sind stark gedacht und im Kern genau das, was wir brauchen. Deshalb engagieren wir uns auch intensiv im Rahmen des Hamburg Standards. In diesen Runden sitzen Vertreter der Verwaltung, der Wohnungswirtschaft, Planer und Bauunternehmen zusammen. Es gibt klare Aufgaben, Zeitpläne und greifbare Ergebnisse. Das funktioniert auf dem Papier hervorragend. In der Praxis aber entscheidet sich alles dort, wo die Umsetzung stattfindet, also in den Bezirken. Und da sehen wir ein sehr unterschiedliches Bild. Einige Baudezernate treiben das Thema mit großem Engagement voran, andere wiederum bremsen: oft nicht offen, sondern still, über zusätzliche Prüfungen, über Prioritäten oder einfach durch Zeit. Man merkt es nicht an den Worten, sondern an den Abläufen.
Girshovich: Wo wirkt der Bauturbo denn zusammen mit dem Hamburg Standard ganz konkret?
Fieseler: In erster Linie bei Verfahren und Technik. Wenn Prozesse klarer und Abläufe einfacher werden, sinken Risiken, und mit standardisierten Lösungen lassen sich auch Kosten senken. Das klingt banal, ist aber genau der Punkt, an dem viele Projekte derzeit scheitern. Im Moment werden viele Vorhaben noch realisiert, weil die Grundstücke in den Beständen der Projektentwickler vorhanden sind. Aber die wirtschaftliche Rechnung geht oft nicht mehr auf. Jedenfalls nicht so, dass daraus neue Investitionen folgen würden. Damit sich ein neuer Projektzyklus wieder in Gang setzen kann, brauchen wir Verlässlichkeit: verlässliche Genehmigungsprozesse, planbare Abläufe und Typologien, wie sie der Hamburg Standard bietet.
Girshovich: Der Bund verweist auf den Turbo, die Länder auf ihre Zuständigkeit, die Kommunen auf eigene Prüfungen. Wo liegt strukturell das Problem?
Nagel: Ganz klar im Föderalismus. Wir haben potenziell sechzehn Varianten eines eigentlich gemeinsamen Ziels, und das erzeugt Reibung. Wenn eine Bundesregelung am Ende als Einladung verstanden wird, in jedem Land eigene Sonderwege zu entwickeln, dann bleibt von der Beschleunigung nicht viel übrig. Wir brauchen eine gemeinsame Linie, die politisch gewollt ist und in der Praxis funktioniert. Also oben klar formuliert und unten konsequent umgesetzt.
Fieseler: Und genau an dieser Stelle zählt das Signal, das an die Bezirke geht. In Hamburg hören wir häufig Sätze wie: „Das schauen wir uns erst einmal in Ruhe an, vielleicht machen wir doch lieber einen Bebauungsplan.“ Das ist nachvollziehbar, aber es wirkt wie eine rote Ampel in einem Programm, das eigentlich beschleunigen soll. Der Bund wollte auf Start drücken – jetzt muss die kommunale Ebene auch wirklich mitmachen!
Girshovich: Was müsste denn jetzt kurzfristig passieren, damit der Bauturbo wirklich Wirkung zeigt?
Nagel: Der Bund muss dranbleiben, ganz eindeutig. Wer so selbstbewusst wie das Bundesbauministerium den Bauturbo zur Wunderwaffe stilisiert, der darf sich jetzt nicht nach Verabschiedung des Gesetzes in die Büsche schlagen. Auch wenn er keine unmittelbare Weisungsbefugnis gegenüber den Ländern hat, kann er doch viel tun, um den Rahmen zu schärfen, etwa durch klare Leitfäden, eine mit dem Bauturbo verbundene präzisere Förderlogik oder verbindliche Anwendungsempfehlungen. Wenn Bund und Bauministerkonferenz sich darauf verständigen, wie der Bauturbo in der Praxis umgesetzt werden soll, dann steigt die Chance, dass er auch wirklich ankommt. Wo Bundes- oder sogar EU-Mittel fließen, ließen sich Anreize direkt mit einer zügigen Umsetzung verbinden. Wichtig ist: Der Bauturbo darf kein symbolisches Projekt bleiben, das einmal verkündet und dann liegen gelassen wird. Er braucht Begleitung, Kontrolle und vor allem andauernden politischen Rückenwind.
Fieseler: Und dazu gehört auch ein anderes Denken in den Verwaltungen. Heute wird zuerst gefragt, was alles schiefgehen könnte. Viele Verantwortliche scheuen Entscheidungen, weil sie persönliche Risiken sehen, teils aus Erfahrung. Es gab Fälle, die abschrecken. So entsteht eine Kultur der Vermeidung. Wenn wir aber schneller werden wollen, brauchen wir Mut zu vertretbaren Abwägungen. Beschleunigung heißt ja nicht, Gesetze zu missachten, sondern Entscheidungen zu treffen, wo sie möglich sind. Das ist im Kern eine Frage des Mindsets, wenn man so will. Ohne diesen Wandel bleibt jedes Instrument ein theoretisches Versprechen.
Girshovich: Berlin verknüpft den Leitfaden mit festen Quoten für den geförderten Wohnungsbau. Hilft so ein Zielbündel dabei, die Sache voranzubringen, oder bremst es am Ende die Beschleunigung?
Fieseler: Politisch ist das natürlich nachvollziehbar. Niemand wird etwas gegen den Bau geförderter Wohnungen sagen. Aber in der Genehmigungspraxis führen zusätzliche Bedingungen schnell zu neuen Abhängigkeiten. Wenn jedes Instrument gleich wieder mit weiteren Zielen verknüpft wird, entsteht Komplexität statt Tempo. Karen Pein, die Hamburger Bausenatorin, hat kürzlich noch einmal sehr klar betont, dass der Bauturbo den Wohnungsbau insgesamt in Gang bringen soll – nicht die Mieten regulieren. Diese Klarheit ist wichtig. Je mehr Anforderungen man an den Start stellt, desto seltener fällt der Startschuss. Und für die Quoten des geförderten Wohnungsbaus gibt es ja bereits Instrumente.
Nagel: Genau das ist der Punkt. Wir brauchen einfache, schlanke Regeln. Der Hamburg Standard zeigt sehr gut, dass Standardisierung und Qualität sich nicht ausschließen, sondern sogar gegenseitig stärken können. Wenn aber jede Stadt neue Varianten entwickelt und eigene Bedingungen hinzufügt, verlieren wir diesen Effekt. Dann ist die Idee der Vereinfachung schnell wieder dahin.
Girshovich: Wer trägt die Verantwortung, wenn trotz all dieser Initiativen am Ende doch zu wenig gebaut wird?
Nagel: Wenn die Grundlagen geschaffen sind und die Umsetzung trotzdem ausbleibt, dann liegt die Verantwortung bei den Ländern und Kommunen. Das ist keine Schuldzuweisung, sondern eine nüchterne Feststellung. Viele kommunale Haushalte sind angespannt, das Personal knapp, und die Verfahren ohnehin komplex. Umso wichtiger ist es, dort anzusetzen und Abläufe zu entlasten. Nur wenn diese Ebene funktioniert, wird sich etwas bewegen.
Fieseler: Das bestätigen auch die vielen Gesprächen, etwa mit Bürgermeistern im Umland. Dort spürt man einfach keinen großen Druck, zu verdichten. Mehr Einwohner bedeuten mehr Infrastruktur, mehr Verkehr und mehr Diskussionen. Die Wählerschaft ist zufrieden, warum also etwas ändern? Auf Bundesebene herrscht Einigkeit, dass mehr Wohnraum gebraucht wird, aber vor Ort wird diese Dringlichkeit oft nicht geteilt. Ohne gezielte Anreize wird sich das kaum ändern, jedenfalls nicht schnell.
Girshovich: Woran ließe sich denn erkennen, dass der Bauturbo wirklich greift?
Fieseler: Ganz einfach gesagt: an Ergebnissen. Wenn anstelle aufwändiger Bebauungsplanverfahren der Bauturbo genutzt und damit Baugenehmigungen unter Nutzung der Befreiungen direkt erteilt werden wird. Und wenn wir dann später eine ganze Reihe von Projekten sehen, die ohne langjährige Bebauungsplanverfahren ausgekommen sind, dann wissen wir: Das System funktioniert. An diesem Punkt würden auch viele Projektentwickler wieder früher investieren, weil sie wissen, woran sie sind.
Nagel: Ich würde noch etwas ergänzen: Wir brauchen Einheitlichkeit im Vollzug. Es sollte nicht vom Standort abhängen, ob ein Verfahren gelingt oder scheitert. Ein Projekt muss in Hamburg, Köln oder München nach denselben Regeln ablaufen können. Wenn das gelingt, entsteht Vertrauen. Und mit Vertrauen kommt die Bereitschaft zurück, neue Projekte anzuschieben, dann kommt auch die Pipeline zurück.
Girshovich: Vielen Dank für das Gespräch.
„Skalierbarkeit und Individualität schließen sich nicht aus“
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Thomas Willemeit (© Christian Thomas)
Ein Gespräch mit Thomas Willemeit, Founding Partner und CEO, GRAFT GmbH
Herr Willemeit, Holz ist weitaus mehr als Ideologie oder Mode. Was reizt Sie am Bauen mit Holz?
Holz ist für uns von Beginn an Alltag, nicht Ausnahme. Wir sind nicht ohne Grund in Los Angeles gestartet. In den Vereinigten Staaten ist Holzbau im Wohnsegment seit Jahrzehnten selbstverständlich. Dort wird mit Holz gebaut, weil es verfügbar ist, weil man schnell damit arbeiten kann und weil es sich an die unterschiedlichsten Anforderungen anpassen lässt. Diese Normalität hat uns geprägt. Sie steht für eine Baukultur, die sich an Effizienz und Verfügbarkeit orientiert, nicht an Überzeugungen.
Hat diese Erfahrung Ihre Haltung zum Bauen insgesamt verändert?
Ja, sehr. Sie hat uns gezeigt, wie selbstverständlich Holz als Werkstoff funktionieren kann, wenn man es konsequent denkt. In Kalifornien ist Holzbau kein Nischenthema, sondern Alltag, ein verlässliches, industriell beherrschtes System.
Was kann Deutschland vom amerikanischen Standard lernen?
Entscheidend ist die Konsequenz in der Systematik. Das sogenannte Two-by-Four-Prinzip ist dort so weit entwickelt, dass fast alle Wandaufbauten auf diesem System beruhen. Diese Standardisierung sorgt für Tempo, Planbarkeit und Kostensicherheit – von der Werkhalle bis zur Baustelle. In Deutschland sollten wir den Mut haben, vergleichbare Standards und Schnittstellen zu definieren. Es geht nicht darum, architektonische Vielfalt einzuschränken, sondern sie auf einer verlässlichen Basis zu ermöglichen. Wenn die Grundlagen klar geregelt sind, entstehen Freiräume für Gestaltung. Genau darin liegt die eigentliche Aufgabe: Je präziser wir systematisch arbeiten, desto größer wird die gestalterische Freiheit von Projekt zu Projekt.
Skalierung führt oft zu Einheitsarchitektur, heißt es. Wie verbinden Sie Serie und Individualität?
Das gelingt durch die enge Verbindung von Entwurf und Fertigung. Digitale Planungsprozesse und parametrische Modelle machen es möglich, dass jedes Modul individuell angepasst werden kann, ohne die Wirtschaftlichkeit zu verlieren. Die industrielle Präzision eröffnet dabei eine neue gestalterische Freiheit. Unser Ziel ist kein repetitives Bauen, sondern eine Form der Serienfertigung, die Vielfalt zulässt. Wir nennen das „Mass Customization“ – also ein System, das Effizienz mit Ausdruck verbindet und dadurch bezahlbare, aber unverwechselbare Architektur schafft.
Sie beschäftigen sich intensiv mit Raummodulen. Worum geht es Ihnen konkret?
Uns geht es um Wohngefüge, nicht um einzelne Zellen. Mit unserer Initiative „Urban Cell“ denken wir bezahlbaren Wohnraum als Gemeinschaft, in der private Flächen effizient gestaltet und der gewonnene Raum für gemeinschaftliche Nutzung eingesetzt wird. So entstehen Orte, die mehr bieten als nur das einzelne Apartment. Das kann ein gemeinsamer Aufenthaltsraum sein, eine Werkstatt, ein Spielbereich oder auch ein kleiner Wellnessraum auf dem Dach. Es geht nicht um Luxus, sondern um eine bewusste Balance zwischen privatem Rückzug und geteilter Lebensqualität. Ab einer bestimmten Größe, etwa ab fünfzig oder sechzig Wohneinheiten, wird dieses Prinzip auch wirtschaftlich sinnvoll.
Wo liegen heute die harten Grenzen des Holz- und Modulbaus?
Die größten Herausforderungen liegen in der Prozessreife und in der Verfügbarkeit geeigneter Kapazitäten. Noch gibt es zu wenige Fertigungen, die wirklich industriell und zugleich flexibel arbeiten können. Viele Systeme wirken deshalb noch zu repetitiv, und auch die Vergabepraxis honoriert den Einsatz modularer oder serieller Verfahren bislang kaum. Hinzu kommt, dass Holz nicht in jedem Fall das passende Material ist. Entscheidend ist seine materialgerechte Anwendung. Wir setzen auf hybride Lösungen, wenn sie funktional sinnvoll und wirtschaftlich tragfähig sind.
Was erwarten Sie von der Koalition für Holzbau?
Ich sehe in der Koalition für Holzbau einen undogmatischen Kompetenzpool. Dort kommen Akteure aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen, die voneinander lernen wollen und mit Offenheit an gemeinsame Ziele herangehen. Es geht darum, Standards zu präzisieren, Pilotprojekte sichtbar zu machen und die Rahmenbedingungen für den Holzbau weiterzuentwickeln. Entscheidend ist, dass die vorhandenen Effizienzpotenziale tatsächlich genutzt werden, in der industriellen Umsetzung ebenso wie im rechtlichen und kulturellen Verständnis. Die KOALITION für HOLZBAU ist für diesen Austausch der richtige Ort.
Welche Voraussetzungen identifizieren Sie, damit der Holzbau den nächsten Entwicklungsschritt machen kann?
Wirklich entscheidend sind drei Punkte. Erstens brauchen wir verbindliche Standards für Schnittstellen und Details entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Zweitens müssen Vergabe- und Genehmigungsprozesse so angepasst werden, dass modulare Systeme und parametrische Varianten überhaupt zugelassen werden können. Und drittens braucht es den Mut, Serienprodukte als Grundlage für vielfältige Quartiere zu begreifen. Architektur ist für uns Ausdruck unserer Gesellschaft und zugleich das wirksamste Instrument, um schneller zu gutem und bezahlbarem Wohnraum zu kommen.
Die Seminare der HOLZBAU-AKADEMIE

Online-Seminar: Holzbau-Konstruktionen: Planung und Ausführung
Die Dozenten:
Roland Bechmann, Lukas Reininger, Thivya Athmanathan
Der Termin:
13. November 2025 14:00 – 15:30 Uhr
Moderne Holzgebäude erfordern andere Herangehensweisen in der Planung und Ausführung, insbesondere im Hinblick auf Schnittstellenthematiken. Das neue Bauen mit Holz und deren Planungsabläufen beginnen schon bei der Ausschreibung von mehrgeschossigen Gebäuden bis hin zu den verschiedenen Tragwerks- und Konstruktionsarten. Mit dem Seminar geben wir einen Einblick in die neuen veränderten Leistungsphasen, deren unabdingbaren Schnittstellen in der Planung und Besonderheiten in der Ausführung.
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Online-Seminar: Nachhaltige Bildungsbauten aus Holz & Impact Investing
Die Dozenten:
Stefan Stenzel und Tanja Volksheimer
Der Termin:
18. November 2025 14:00 – 16:00 Uhr
Bildungsbauten in der Holzbauweise gewinnen zunehmend an Bedeutung. Neben seiner ökologischen Qualität, den Gesundheitsaspekten bietet er auch wirtschaftliche und gestalterische Vorteile. Hinzu kommt, dass die Assetklasse immer mehr Aufmerksamkeit bei Investoren bekommt. Also stellt sich die Frage, wie können nachhaltige Bildungsbauten finanziert werden. Das Seminar beleuchtet auch, welche Bauweisen sich behaupten, welche Regulatorik zu beachten ist und natürlich auch wie der Bauablauf erfolgreich sein kann.
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Online-Seminar: Neuheiten beim Vergaberecht – Anwendung beim modernen Holzbau
Die Dozentin:
Dr. Rut Herten-Koch
Der Termin:
19. November 2025 14:00 – 16:00 Uhr
Das Seminar richtet sich vorrangig an öffentliche Auftraggeber, die von ihnen mit der Vorbereitung von öffentlichen Vergabeverfahren nach der VOB/A beauftragten Architekten und Ingenieure sowie ggf. vergaberechtlich gebundene Fördermittelempfänger. Aber auch für Holzbauunternehmen als Bieter in öffentlichen Vergabeverfahren ist es von Vorteil, ein Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen der nach den Regelungen des GWB und der VOB/A vergebenen Bauaufträge zu entwickeln. Die neue Bundesregierung hat einen neuen Gesetzentwurf zum Vergabebeschleunigungsgesetz vorgelegt. Welche Neuigkeiten und welche Handlungsempfehlungen damit verbunden sind, erfahren Sie aus erster Hand im Seminar, inklusive dem politischen Blick hinter die Kulissen.
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Online-Seminar: Effizienz in der ersten Meile – Leistungsphase 0 bei der Aufstockung & Sanierung
Der Dozent:
Matthias Zühlke
Der Termin:
26. November 2025 13:00 – 15:00 Uhr
Die intelligente Aufstockung im Bestand gewinnt durch neue Technologien und den Fokus auf ressourcenschonendes Bauen an Bedeutung. In diesem Seminar zeigt Ihnen Matthias Zühlke wie Sie mit KI das Potenzial von Gebäuden in Sekundenschnelle erkennen, Aufstockungsmöglichkeiten im Holzbau berechnen und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit von Sanierungen bewerten können. Anhand praktischer Beispiele aus dem Raum München wird demonstriert, wie die Software syte bei der Akquisition unterstützt, Gebäude auswählt, Aufstockungspotenziale analysiert und automatisch die wichtigsten KPIs – von Kosten über Wohnflächen bis zu Renditekennzahlen – liefert. Das Ergebnis: fundierte Entscheidungen bereits in der Leistungsphase 0.
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Online-Seminar: Bau-Turbo in der Umsetzung – Anwendung und Potenziale der baupolitischen Handlungsspielräume
Der Dozent:
Prof. Dr. Mathias Hellriegel
Der Termin:
4. Dezember 2025 10:00 – 12:00 Uhr
„Es gibt keine Ausreden mehr“, so nannte der Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Mathias Hellriegel den Gesetzentwurf zum sog. Bau-Turbo in der Anhörung des Deutschen Bundestages. Der Bau-Turbo ist nunmehr Gesetzesgrundlage und kann in den Kommunen zur Anwendung kommen. Wie und mit welchen Argumenten die Kommunen und Genehmigungsbehörden überzeugt werden können wird in dem Seminar mit Unterstützung aus der Praxis und auch mit der juristisch feinjustierten Rechtsauffassung dargelegt.
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